Im Jahr 2016 hat sich die FdA an einer Spendenkampagne beteiligt, die zum Ziel hatte, Geld für den Kauf eines Gebäudes in Kuba zusammenzubekommen. Die Föderation leistete schließlich einen bedeutenden Beitrag dazu.
Nachdem den Genoss*innen in Kuba der Kauf eines Objekts in der Hauptstadt Havanna gelang, war es nun am Samstag, dem 5.5.2018 endlich so weit: Das Zentrum ABRA (Soziales Zentrum und Libertäre Bibliothek) öffnete feierlich seine Tore. Im Folgenden dokumentieren wir den Text zur Eröffnung.
Diesen 5. Mai 2018 beginnt mit der Eröffnung des ABRA, des “Centro Social y Biblioteca Libertaria” (Soziales Zentrum und Libertäre Bibliothek), für eine Gruppe von Kubaner*innen eine neue Etappe im Prozess der eigenen Emanzipierung.
Mit diesem Projekt möchte das Kollektiv “Taller Libertario Alfredo López” (eine 2012 entstandene, anarchistische, antiautoritäre und antikapitalistische Initiative, die Mitglied der Anarchistischen Föderation in Mittelamerika und der Karibik, FACC, ist) in enger und lebhafter Kooperation mit befreundeten Kollektiven, wie dem “Observatorio Crítico Cubano”, “Guardabosques” sowie einigen anderen Individuen, einen dauerhaften und autonomen Raum im heutigen Kuba zu schaffen.
Einen Ort, um Erfahrungen und Praktiken zu fördern, die unabhängig sind von jedweder Regierung (ob in- oder ausländisch) bzw. von jedweden Institutionen, die Regierungen repräsentieren. Dieser Ort soll darauf beruhen, was die Teilnehmenden selbst mit einbringen. Mit ABRA möchten wir eine Praxis in den Mittelpunkt stellen, die mittels prefigurativer Praktiken die Gesellschaft, die wir uns erträumen, bereits jetzt vorwegnimmt. Zugleich geht es uns um eine Praxis, die im Einklang mit der Natur steht. Konkret bedeutet dies ein Minimum an Konsum mit einem Maximum an eigenen, nicht umweltschädlichen Lösungen.
Dieses neue Projekt ist in seinem Kern antikapitalistisch ausgerichtet, da der Kapitalismus Beziehungen zwischen Personen fördert, die auf dem Gedanken der Nützlichkeit, der Herrschaft, der Konkurrenz und des Profits basieren, also all das, was eben nicht zu der Gesellschaft führt, die wir anstreben. Gestützt werden all diese negativen Erscheinungen von Staaten, Firmen und Unternehmen, die die Welt und unser Land beherrschen und ausplündern. Daher begreift sich das Soziale Zentrum als Opposition zu all diesen Konglomeraten und ihren Praktiken.
Andererseits ist jedoch klar, dass die Emanzipation nicht möglich ist, ohne Teil der uns umgebenden Gemeinschaften zu sein. Daher existiert ABRA neben und inmitten der Gemeinschaften, und ist dadurch ebenso von der Unterdrückung betroffen, die sie erleiden, wie von den Siegen, die sie in ihrem Kampf erringen. Gleichzeitig beteiligt sich das Projekt auch an unterschiedlichsten Widerstandsdynamiken und der Schaffung neuer Affinitätsgruppen, denen wir ebenfalls Platz in unserem Zentrum und in unseren Projekten einräumen. ABRA möchte all jenen Freundeskreisen, Personen oder Affinitätsgruppen einen Raum bieten, die sich nicht auf den eng gesetzten Rahmen von Regierung & Opposition beschränken, sondern mittels der direkten Aktion und ohne Vermittlungsinstanz die diversen Fragen des alltäglichen Lebens und die Erschaffung von Neuem in allen Sphären der Realität in Angriff nehmen.
Dieser Ort positioniert sich aktiv gegen jede Diskriminierung nach Hautfarbe, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Sexualität, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Territorium, Bildungsniveau, ökonomischem Status und allem, was sich gegen die Würde der Menschen richtet. Außerdem erkennen wir die Pluralität von Meinungen (politischen, ideologischen, moralischen etc.) an, ohne unsere eigenen aufzugeben.
ABRA bietet Raum für den Austausch inmitten einer kommerzialisierten und überwachten Stadt und möchte ein Ort der lokalen, nationalen und internationalen Gegeninformation sein, der autodidaktischen Bildung, der Gedenken, der Feiern und Begegnungen; ein Versuch, die prekäre gegenkulturelle Szene und produktive Autonomie, die in Havanna und Kuba existiert, zu fördern.
Das Soziale Zentrum konstituiert sich als ein Ort der sozialen, horizontalen Kommunikation, um jenen nationalen und internationalen Erfahrungen eine Stimme zu geben, die für die hegemonialen Institutionen nicht von Interesse sind, aber zu einer antiautoritären und emanzipatorischen Perspektive beitragen, die jedoch für jene von uns von Interesse ist, die in Kuba kämpfen.
Mittel und Zweck stehen hier nicht im Widerspruch: Wichtigste Merkmale sind dabei die Horizontalität, die persönliche Freiheit und die aktive Teilnahme auf Grundlage der direkten Aktion.
In der letzten Ausgabe der GaiDao, der Zeitschrift der Föderation deutschsprachiger Anarchist*innen, ist übrigens ein interessanter, ausführlicher Artikel zur Situation des Anarchismus‘ in Kuba erschienen. Die GaiDao ist kostenlos zum Download in verschiedenen Formaten erhältlich, zum Beispiel hier.