Gemeinsam mit 350 bis zwischenzeitlich 700 anderen Menschen haben wir am vergangenen Samstag in Bamberg gegen Rassismus und das dortige Ankerzentrum demonstriert.
Der Name steht euphemistisch für „Ankunft, Entscheidung und Rückführung“. Von diesen derart bezeichneten Lagern gibt es mittlerweile sieben in Bayern, und nach dem Willen der Bundesregierung sollen insgesamt ca. 40 solcher Großlager in ganz Deutschland eingerichtet werden. Vorbild dafür ist unter anderem die AEO („ANKER-Einrichtung Oberfranken“) in Bamberg, in deren Lagersystem bereits seit 2015 geflüchtete Menschen interniert, vom Rest der Bevölkerung abgeschottet, segregiert und festgehalten werden. Viele, denen der Staat das Recht auf Asyl verwehrt, werden von dort aus auch direkt wieder abgeschoben in sogenannte Drittstaaten oder das, was der Staat zynisch als „sichere Herkunftsländer“ bezeichnet.
Die Zustände in den Lagern selbst sind geprägt von Enge, fehlender Privatsphäre, rassistischen Einteilungen und nicht selten auch Übergriffen durch Security oder Polizei. Außerdem herrscht die ständige Angst vor Abschiebung und es besteht nur eine äußerst mangelhafte medizinische Versorgung.
Die Startkundgebung der Demo fand direkt vor der AEO statt. Ein hoher Zaun mit Stacheldraht umfasst das Gebiet und trägt zu der Abschreckungs- und Abschottungskulisse bei. Hinein- und Hinausgehen ist nur schwer und unter eng gesteckten Regeln möglich.
Zudem fielen uns beim Laufen von der AEO in die Bamberger Innenstadt die vielen Nazi-Aufkleber auf, die beinahe überall hingen und nur teilweise entfernt wurden. Natürlich waren die Demoteilnehmer*innen fleißig dabei, die menschenverachtende Propaganda mit antifaschistischen Stickern zu überkleben. Aber die erschreckende Normalität der rassistischen Zustände zeigte sich uns nicht nur in den Aufklebern. Kurz nach Beginn der Demo fiel auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Gruppe von ca. 6-8 Faschisten auf, welche die Demo durch Rufe zu stören versuchten. Sie wagten es jedoch nicht, den Demozug tatsächlich anzugreifen. Auch im weiteren Verlauf gab es immer wieder Auseinandersetzungen mit pöbelnden Wutbürger*innen, die in der Demo selbst oder bei den Zwischenkundgebungen provozierten.
Der Ausdruck der Demonstration war sehr vielfältig und die gerufenen Parolen richteten sich gegen das europäische Grenzregime und hießen alle Geflüchteten willkommen. Viele beteiligten sich auch selbst an der Demo.
Enttäuschend fanden wir hingegen die mitunter sehr bürgerlichen Anklänge in einigen Reden, die immer wieder das staatsaffine Mantra von „Integration durch Arbeit“ wiederholten und ein Augenmerk auf die fachlichen Qualifikationen von Geflüchteten gelegt haben wollten – oder aber forderten, man müsse „ihnen irgendeine Arbeit geben“ und dabei Müll aufsammeln vorschlug. Durch solche von oben herab gesprochenen Worte setzt sich die Behandlung Geflüchteter als Menschen zweiter Klasse fort und räumt ihnen nur dann eine Daseinsberechtigung ein, wenn sie kapitalistisch verwertbar sind.
Gegen derlei Anklänge positionieren wir uns entschieden und solidarisieren uns mit allen Menschen, die hierher kommen und hier bleiben möchten. Genauso, wie es der rechten Instrumentalisierung einzelner patriarchaler Taten entgegenzuhalten gilt. Dagegen bezog auch unser Transparent thematisch Stellung: Unser Feminismus ist antirassistisch!
Neben Bamberg fanden an diesem Samstag auch in anderen Städten in Bayern Demonstrationen gegen das Lagersystem statt. Angesichts der sich verschärfenden rassistischen und nationalistischen Zustände ist dies sehr wichtig, jedoch bei weitem nicht genug. Es gilt dem reaktionären Vormarsch auf allen Ebenen zu begegnen. Das werden wir gewiss nicht durch ein „richtiges“ Kreuzchen bei den anstehenden Landtagswahlen oder durch Stellvertreter*innen in den Parlamenten erreichen. Sondern nur, indem wir auf den Straßen und in unserem tatsächlichen Umfeld aktiv werden und der Hetze solidarische Gegenperspektiven entgegenstellen.
So haben wir auf dieser Demonstration zumindest in Bezug auf die Landtagswahlen vom Lautsprecherwagen – der übrigens immer wieder Parteifahnen kritisierte – einen passenden neuen Spruch gelernt: „Es sind Menschen, keine Zahlen – missbraucht sie nicht für eure Wahlen!“
In diesem Sinne: Kein Mensch ist illegal! Selbstorganisation statt Parlamentarismus!