Knastdemo zum Tag der politischen Gefangenen – Bayreuth

Im Rahmen des Tages der politischen Gefangenen demonstrierten wir heute auch in Bayreuth, um Freiheit für unseren Freund und Genossen Jan zu fordern, der seit über einem halben Jahr in der JVA Bayreuth inhaftiert ist.

Wie auch allen anderen Gefangenen ist er dort menschenunwürdigen Verhältnissen ausgesetzt, wie doppelt vergitterten Knast Fenster oder unzureichender medizinischer Versorgung.

Jan wird zusätzlich wegen seiner politischen Einstellung drangsaliert. So wird er alle paar Monate auf verschiedene Trakte verlegt, dabei entsteht der Eindruck, dass gezielt dagegen vorgegangen wird, dass er sich mit anderen Gefangenen vernetzt und sich eine Kultur gegenseitiger Hilfe unter den Gefangenen bildet.

Wegen dieser Missstände und der sozialen Isolation, denen die Gefangenen tagtäglich ausgesetzt sind, waren wir heute auf der Straße. Unser lautstarker Ausdruck hallte immer wieder über die  Knastmauern und wurde durch die Gefangenen mit Jubeln, Klatschen und Pfeifen honoriert.

Heute war ein guter Tag. Doch darauf ruhen wir uns nicht aus, wir kämpfen solange weiter bis wir Jan wieder in unserer Mitte haben!!

Erneutes Knasturteil in zweiter Instanz

Am 02.02.2021 wurden unsere Genossen im Berufungsverfahren zu 10 Monaten Bewährung und 1 Jahr und 2 Monate Knaststrafe ohne Bewährung verurteilt. Darüber sind wir immer noch sprachlos und unheimlich wütend. Der politische Wille, der hinter den Urteilen steckt, ist klar erkennbar.

Unsere Wut haben wir mit einer spontanen Kundgebung mit ca. 100 Teilnehmer*innen auf die Straße getragen, auch dort haben wir die Wut und Fassungslosigkeit unserer Freund*innen und Genoss*innen gespürt.
 
Ein ausführlicher Bericht über den langen Prozesstag gestern wird noch folgen.
 
Und die spontane Kundgebung mit sehr kurzer Vorlaufzeit gestern war sicher nicht die letzte Aktion zu diesen Urteilen.
Getroffen hat es zwei von uns, gemeint sind wir Alle.
 
Unsere Solidarität gegen ihre Klassenjustiz. 🏴
 

 

Jamnitzer für alle! Berufungsverfahren im Jamnitzerprozess

Das neue Jahr hat begonnen und die Termine für das Berufungsverfahren im Jamnitzerprozess gegen zwei Genossen stehen fest.
Am Dienstag, den 02.02.2021 sowie am Freitag, den 12.02.2021 werden die Gerichtsurteile vom 06.10.20 überprüft. An diesem Tag wurde einer der beiden Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, der zweite zu einem Jahr und drei Monaten. Beide Haftstrafen wurden nicht zur Bewährung ausgesetzt. 
 
Grundlage für dieses Urteil waren die Ereignisse einer Juninacht 2019 auf dem Jamnitzer-Platz im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Damals musste sich die Polizei zurückziehen, nachdem sich Menschen gegen eine weitere schikanöse Kontrolle der Polizei solidarisiert hatten. 
Der Platz ist ein Zentrum des stark von Gentrifizierung betroffenen Stadtteils und wird von unterschiedlichsten Interessensgruppen genutzt. Sehr zum Unmut jedoch für einige der neuen Nachbar:innen. Chic und lebendig soll das Szeneviertel sein, sowie ein ausreichendes Restaurant-, Bar- und Bioangebot zur Verfügung stellen. Um 22 Uhr sollen die Gehsteige jedoch hochgeklappt werden und sichtbare Armut soll allgemein aus dem öffentlichen Raum verschwinden. Das neu hinzugezogene Besitzbürgertum fördert nicht nur die Gentrifizierung mit all ihren negativen Begleiterscheinungen, sondern will auch die Regeln neu gestalten. Das meist friedliche und auf Toleranz basierte nebeneinander-Existieren am Jamnitzer ist aber zu eingespielt und zu wichtig für das Funktionieren des Stadtteils, als dass es sich die Gostenhofer:innen konfliktfrei nehmen lassen würden.
 
Und hier kommt die Polizei ins Spiel. Mittlerweile werden fast täglich Parknutzer:innen von einer immer aggressiver auftretenden Polizei belästigt. Menschen werden geschubst, geschlagen, beleidigt und begrabscht – das macht Wut im Bauch. Verwunderlich also nicht, dass die meist friedliche Stimmung am Platz mit dem Eintreffen der Polizei vorüber ist. Verwunderlich ist auch nicht, dass sich die Menschen die Schikanen nicht ewig unwidersprochen gefallen lassen. Schon eher verwunderlich, dass die Polizei die Situation an diesem Abend nicht hat eskalieren lassen und ihre Schikane einstellte. Trotz angerückter Verstärkung verzog sich die Polizei nämlich nach lautstarken Solidaritätsbekundungen vieler Menschen aus dem Park.
 
Scheinbar wollte die Polizei dies jedoch nicht auf sich sitzen lassen.  Es genügt der Polizei nicht mehr, Ordnungswidrigkeiten nur zu ahnden. Um die gewünschte Handhabe gegen den gelebten zivilen Ungehorsam zu haben, werden bürgerkriegsähnliche Zustände am Jamnitzer-Platz herbei fantasiert und Straftaten konstruiert. Und das – wie so oft, wenn es um Gostenhof geht – mit kräftiger Unterstützung der Lokalzeitung Nürnberger Nachrichten. Diese bauschte, nachdem die ursprüngliche Polizeimeldung zu den Vorfällen im Park noch reichlich unspektakulär klang, das Geschehen maßlos auf. Auch die Staatsanwaltschaft zog daraufhin – offenbar politisch motiviert – nach und stellte die Ereignisse ebenfalls so drastisch wie möglich dar. 
 
Um der eigenen Darstellung Gewicht zu verleihen, soll nun an zwei Menschen ein Exempel statuiert werden. Der Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Es wird sich eine überspitzte Darstellung des Geschehens ausgedacht, ein Schauprozess gehalten und ein Skandalurteil gesprochen. So wird aus einer sich spontan solidarisierenden Menschenmenge, ein „im Gleichschritt marschierenden“ Mob und ein Angeklagter willkürlich zum Rädelsführer stilisiert. Dem anderen, der laut eines Zeugen an jenem Abend nicht einmal vor Ort war und dessen Identifizierung mehr als fragwürdig verlief, wird vorgeworfen, er habe mit einer Holzlatte, an die sich kein Mensch außer einer einzigen Polizistin erinnern kann, bewaffnet eben jener Polizistin gedroht. Wie kann es sein, dass eine einzige, zutiefst widersprüchliche Aussage einer Polizistin ohne Beweise ausreicht, einem Menschen eineinhalb Jahre Freiheit zu rauben, obwohl Zeugenaussagen belegen, dass dieser Betroffene nicht vor Ort gewesen sein kann? Selbst in der Anklageschrift ist zu keinem Zeitpunkt von physischer Gewalt die Rede – eher wird die verbale Unmutsbekundung gegenüber der Polizei zum Widerstand konstruiert. Ausreichend für den Richter, mit dem Verweis auf das PAG, beide zu jeweils etwa 1,5 Jahren Haft zu verurteilen. Es sind völlig unnötige, unverhältnismäßige und zudem rechtlich lückenhafte Urteile. 
 
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrer Urteilsforderung außerdem betont, es gehe um Prävention und darum, dass am Jamnitzer-Platz keine Nogo-Area entstehen dürfe. Deswegen müsse der Rechtsstaat mit voller Härte zurückschlagen. Dabei ist das einzige, das den Jamnitzer-Platz zur Nogo-Area machen könnte, die massive kontinuierliche Polizeipräsenz! Und der beschworene rechtsfreie Raum scheint in Wahrheit das Amtsgericht zu sein!
 
Während Schauprozesse geführt werden, weigert sich der Staat den NSU-Komplex aufzulösen. In den staatlichen Gewaltorganen wie Bundeswehr und Polizei offenbart sich ein rechtsmilitantes Netzwerk nach dem anderen, struktureller Rassismus wird immer sichtbarer, ein Skandal jagt den anderen und trotzdem werden sie alle als Einzelfälle verharmlost. Als wäre das nicht schlimm genug, wird die Polizei unter anderem durch das PAG mit immer mehr Befugnissen ausgestattet, Strafrahmen verschärft, und die Grenzen zwischen Geheimdiensten und Polizei verwischt. Zeitgleich werden unsere Rechte beschnitten und schon die kleinsten Widersprüche, wie die Aufforderung an die Polizei, sich zu verpissen, werden mit Gefängnis vergolten. Kriminalisierte Vorfälle, wie die der besagten Juninacht, werden als Legitimation für solche Aufrüstung der Polizei durch das PAG hergenommen.  Es ist eine offene Vorbereitung des Staates auf sich zuspitzende gesellschaftliche Missstände durch kapitalistische Strukturen.
 
Weder die Polizeigewalt, noch die rechtlichen Beschneidungen der Zivilgesellschaft durch die Politik sind tragische Einzelfälle – sie haben System! Es ist unsere gemeinsame Aufgabe diese Entwicklung aufzuhalten.  Denn von den Zuständen betroffen sind wir alle! Zeigt euch solidarisch und kämpft für unser aller Rechte und Freiheit. Nur durch gemeinsamen Kampf konnten wir sie erringen – nur durch gemeinsamen Kampf können wir sie erhalten.
 
Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen, um zu zeigen, dass wir dieses Urteil nicht hinnehmen werden!
 
Teilt unsere Social-Media-Berichte und kommt zu unserer Demonstration am 30.01.2021 um 14 Uhr am Jamnitzer-Platz.

Jamnitzer – No cops, no stress! – Bericht und Analyse über die Geschehnisse rund um den Jamnitzer Platz

Es ist ein Sommerabend wie viele andere. Enger Wohnraum, überteuerte Bars oder einfach das Bedürfnis nach Frischluft – es gibt einige gute Gründe, warum die Menschen in Nürnberg einen solchen Abend draußen verbringen. Vor allem in Vierteln mit vielen prekär lebenden Menschen (die sich eben keinen privaten Garten leisten können) wie die Südstadt oder Gostenhof verschiebt sich das Leben ein Stück weit nach draußen. So auch am Jamnitzer Platz in Nürnberg.

Wie an vielen anderen Abenden auch, kommen Leute dort zusammen, unterhalten sich, trinken etwas und versuchen gemeinsam dem schnöden alltäglichen Stress-Mix aus Lohnarbeit, Struggle mit dem Jobcenter, politischer Arbeit, Care-Arbeit und all dem anderen Kram ein wenig zu entkommen und abzuschalten. Wie an vielen anderen Abenden auch steht die Polizei schon im Viertel bereit. Sie umkreist den Park, beinahe jeden Abend werden Schwarze und People of Colour, linksradikale, Alkoholiker*innen und marginalisierte Menschen kontrolliert, dumme Mackersprüche vonseiten der Polizei geklopft und wenn es irgendeinen vermeintlichen Anlass gibt auch mit Ordnungsgeldern oder Anzeigen belangt.

Gegen die Stadt des Konsums

Die Gründe dafür sind so trocken wie traurig. Gostenhof ist seit Jahren einer fortschreitenden Gentrifizierung ausgesetzt. Wo früher türkische Supermärkte und Apotheken standen finden sich heute teure Hipster-Cafes und fancy Eigentumswohnungen. Auch am Jamnitzer Platz gibt es solche Neubauten. Und die neuen Nachbar*innen haben sich scheinbar zu sehr auf die blumigen Beschreibungen der Immobilienmakler*innen vom ruhigen aber hippen Szenekiez verlassen. Denn es sind noch lange nicht alle verdrängt aus Gostenhof – das Arbeiter*innen- und Arbeitslosen-Viertel lebt noch weiter.

Als sich im Juni 2019 die Situation wiederholen sollte, hatten die Parknutzer*innen scheinbar genug. Im Verlauf einer Personenkontrolle sammelte sich eine größere Gruppe an solidarischen Menschen und beschloss, die polizeilichen Schikanen nicht weiter hinzunehmen. Die Beamt*innen wurden verbal dazu aufgefordert, den Platz zu verlassen und die Leute in Ruhe zu lassen. Widerwillig kam die Polizei dem nach. Trotz angerückter Verstärkung verzog sich die Polizei anschließend – ein Triumph für die Parknutzer*innen.

Scheinbar will die Polizei diese Niederlage nicht auf sich sitzen lassen. Seit dem Vorfall ist die Polizeipräsenz am Jamnitzer Platz noch einmal stark angestiegen. Mittlerweile fährt sogar das USK Streife, der Platz wird Nachts von Polizeibussen umkreist und mit Scheinwerfern ausgeleuchtet. Kleinste Ordnungswidrigkeiten werden sofort aggressiv geahndet und Straftatbestände werden konstruiert.

Unbedingter Verfolgungswille statt Wahrheitsfindung

Der Jamnitzer Platz als Symbol für den Kampf gegen Gentrifizierung und Vereinzelung in Nürnberg ist seit vielen Jahren wiederkehrendes politisches Thema, zeigen sich dort doch die Probleme, die aus neoliberaler Städteplanung resultieren. Die Pläne der Stadt Nürnberg sind, den Platz entsprechend der Sicherheitsbedürfnisse eines zahlungskräftigeren Klientees umzugestalten – was nichts anderes bedeutet als eine vollumfängliche Überwachung und Kontrolle des Platzes. Die Verbesserungsvorschläge der tatsächlichen Nutzer*innen werden bestenfalls dankend belächelt.

Doch der Nachgang des Abends im Juni legt dem ganzen noch eine gewaltige Schippe drauf. Scheinbar genügt es der Polizei nicht mehr, Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Gestützt von den Nürnberger Nachrichten – die auf Basis von Äußerungen einzelner Anwohner*innen bürgerkriegsähnliche Zustände am Jamnitzer Platz herbei fantasierten – konstruierten die Strafverfolgungsbehörden aus jenem Abend einen militanten Akt des Angriffs auf Polizei und Staat.

Zwei Genossen bekamen Post von der Staatsanwaltschaft und wurden vor Gericht gezerrt. Der Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Der eine solle als Rädelsführer gedient haben und einen gewaltbereiten, „im Gleichschritt marschierenden“ Mob angeführt haben, um die Einsatzkräfte zu verdrängen. Dem anderen, der an jenem Abend nicht einmal vor Ort war, wurde vorgeworfen, er habe mit einer Holzlatte, an die sich kein Mensch außer einer Polizistin erinnern kann, bewaffnet eben jener Polizistin gedroht. Selbst in der Anklageschrift ist zu keinem Zeitpunkt von physischer Gewalt die Rede – eher wird die verbale Unmutsbekundung gegenüber der Polizei zum Widerstand konstruiert.

Die politische Motivation der Ermittlungs- und Prozessführung war von Anfang an klar erkennbar. Beispielhaft hierfür steht die Ermittlung des Staatsschutzes. Aufgrund einer Personenbeschreibung einer einzigen Polizistin, welche auch die einzige ist, die eine im Prozess auftauchende Holzlatte gesehen haben will, legte der Staatsschutz den ermittelnden Beamt*innen drei Seiten mit jeweils 8 Fotos von unterschiedlichen Menschen vor.

Die Personenbeschreibung der Polizistin ist äußerst vage: groß, Piercings, kein Bart. Das hinderte den Staatsschutz aber nicht daran, 24 Bilder von Menschen aus ganz Bayern herauszukramen, unter denen auch der eine Angeklagte war. Er war die einzige Person ohne Bart. Das den Betroffenen zeigende Foto war zum Ermittlungszeitpunkt 8 Jahre alt – obwohl die Polizei durchaus ein umfrangreiches Foto-Sammelalbum des regelmäßig von Polizeigewalt betroffenen Aktivisten hat.

Die Polizistin war sich hiernach dennoch sicher – der muss es gewesen sein. Sie habe ihn an seiner markanten Kinnpartie wiedererkannt, obwohl er an dem Abend am Jamnitzer vermummt gewesen sei. Dass der Betroffene an jenem Abend nicht einmal vor Ort war – ein glaubhafter Zeuge kann dies bestätigen – scheint für Polizei und Staatsanwaltschaft und schließlich auch das Gericht keine Rolle zu spielen. Zu Groß ist das Politikum Jamnitzer Platz. Diese politische Prozessführung ist keineswegs heimlich oder unter der Hand.

Die Glaubwürdigkeit der Polizistin hätte das Gericht spätestens bei ihrer Vernehmung anzweifeln müssen. Ihr Lebenspartner, selbstredend auch Polizist, saß in der ersten Verhandlungshälfte im Zuschauer-Bereich und hörte relevante Aussagen von vorhergehenden Zeug*innen eifrig mit. Dass das polizeiliche Liebespaar die Mittagspause zu einem gemeinsamen Essen nutzte und die Polizistin direkt anschließend ihre Aussage machte, interessierte den Richter und die Staatsanwaltschaft nicht – schließlich hätten sie bei dem gemeinsamen Lunch „nichts Inhaltliches über die Verhandlung besprochen“.

Gemeint sind wir alle

Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Urteilsforderung betont, es gehe um Prävention und dass am Jamnitzer Platz keine Nogo-Area entstehen dürfe. Deswegen müsse der Rechtsstaat mit voller Härte zurückschlagen. Dabei ist das einzige, das den Jamnitzer Platz zur Nogo-Area machen könnte die massive kontinuierliche Polizeipräsenz! Und der beschworene rechtsfreie Raum scheint in Wahrheit das Amtsgericht zu sein!

Massive Repression gegenüber Anarchist*innen und Kommunist*innen sowie antifaschistischen Aktivist*innen ist keineswegs ein Einzelfall. Im Juli 2020 in Tübingen wurden 9 Objekte von der Polizei gewaltsam durchsucht und der Antifaschist Jo wurde festgenommen und nach Stammheim in Untersuchungshaft gesperrt. In Stuttgart wurde ein Antifaschist nach einem ebenso absurden Prozess zu einer massiven Haftstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Und die Liste ist endlos lang.

Während wichtige Räume wie die Liebig 34 von der Polizei geräumt werden, weigert sich der Staat den NSU-Komplex aufzuklären. In den staatlichen Gewaltorganen wie Bundeswehr und Polizei offenbart sich ein rechtsmilitantes Netzwerk nach dem anderen, Ermittler*innen führen Todeslisten mit linken Aktivist*innen. Während weltweit Polizeigewalt grassiert und Todesopfer verursacht ist den Staaten nach wie vor daran gelegen, ihr Gewaltmonopol durchzusetzen und unterdrückerische Herrschaftssysteme wie Kapitalismus, Patriarchat und Rassismus aufrechtzuerhalten, da die daraus gefestigte Machtverteilung den Staaten ihre Existenz und Legitimation gewaltsam aufrechterhält.

Empörung, Wut, Ausdruck

Getragen von Wut über die sadistische Verurteilung unserer unschuldigen Genossen riefen wir nach der Urteilsverkündung zu einer abendlichen Spontandemonstration in Gostenhof auf. Ziel war es unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, und politischen Druck aufzubauen und dem Gericht klarzumachen, dass ein solches absurdes Urteil von uns nicht hingenommen wird. Gegen 19:00 Uhr versammelten sich ca. 150-200 Personen am Jamnitzer Platz. Doch anstatt uns unser Demonstrationsrecht zu gewähren, wollten die Beamt*innen die Demonstration nicht laufen lassen, ihre Begründung dafür war, dass nicht genügend Verkehrspolizei vor Ort sei.

Glücklicherweise wollten die Demonstrationsteilnehmer*innen diese weitere Schikane nicht hinnehmen und ein Demonstrationszug setzte sich spontan in Bewegung. Lautstark und kämpferisch zogen wir durch Gostenhof – mit dem Ziel, das Amtsgericht zu erreichen und unseren Protest am Ort des Geschehens kundzutun. Hierfür muss allerdings die viel befahrene Fürther Straße überquert werden. Diese Möglichkeit eines kurzen Verkehrsstaus auf der Fürther Straße schien der Polizei wichtiger zu sein, als freie Meinungsäußerung und körperliches Wohlbefinden von Menschen. Kurz vor der Fürther Straße prügelten die Polizist*innen auf den Demonstrationszug ein und sprühten Pfefferspray in die Gesichter der Teilnehmenden.

Anschließend zog die Demonstration zurück zum Jamnitzer Platz und löste sich dort auf. Seither erreichten uns schon viele Solidaritätsbekundungen aus dem deutschsprachigen Raum – die Menschen verstehen, dass ein solches Urteil zwar zwei Individuen trifft, das Ziel der Justiz hier aber eindeutig die komplette progressive, antifaschistische und antikapitalistische Bewegung ist. Hier wurde eine neue Dimension der Repression eröffnet – Menschen die zum Zeitpunkt einer vermeintlichen Tat nicht einmal vor Ort waren, werden in den Knast gesteckt. Menschen, die einfach nur verbal ihren Unmut kundtun werden auf Basis absurdester Konstruktionen dafür eingesperrt.

Gemeint sind wir alle! Zeigt euch solidarisch mit allen von Repression betroffenen, werdet kreativ und zeigt diesem Staat, dass wir keinen Bock mehr auf Cops haben, die uns drangsalieren! Zeigt den Yuppies und Investor*innen, dass wir die kapitalistischen Verhältnisse nicht mehr hinnehmen wollen und werden! Wehrt euch!

 

Statements

Haftstrafen ohne Bewährung weil: Polizei angeschrien

Wegen einer Auseinandersetzung zwischen Parknutzer_innen und Polizei auf dem Jamnitzer Platz in Nürnberg im Juni 2019 wurde diesen Herbst vor dem Amtsgericht Nürnberg verhandelt. Der Vorwurf: Widerstand gegen die Staatsgewalt. Der Prozess offenbarte einen politisch motivierten
unbedingten Verurteilungswillen, der auf Kosten der Wahrheitsfindung durchgesetzt wurde. Einer der beiden Angeklagten wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt, der andere zu einem Jahr und 3 Monaten. Beide Freiheitsstrafen wurden nicht zur Bewährung ausgesetzt.

Den beiden Angeklagten wurde vorgeworfen, am 28.6.2019 am Jamnitzer Platz einer weiteren schikanösen Polizeikontrolle, gemeinsam mit vielen anderen Nutzer_innen des Platzes, ein frühzeitiges Ende beschert zuhaben – und das lediglich mit verbalen Unmutsbekundungen.
Polizeizeug_innen und Staatsanwalt waren sich einig, dass es zu keiner Anwendung von Gewalt kam. Die eingesetzten Beamt_innen wurden nicht einmal berührt. Auch in der Pressemitteilung der Polizei zu eben jenem Tag war lediglich von „lauter Ruhestörung“ die Rede. Nichtsdestotrotz wurde das Ereignis im Nachhinein von Polizei und Medien zu einem Versuch der Errichtung von „rechtsfreien Räumen“ stilisiert.
Im Prozess hat sich herausgestellt, dass dieses Konstrukt auch von Staatsanwaltschaft und Gericht übernommen wurde. Selbst der Staatsanwalt gab in seinem Plädoyer zu, dass es eher um die Verurteilung der Meinung der Angeklagten gehe, als Sachverhalte und Wahrheit aufzuklären. In seinen Augen sei es grundsätzlich nicht in Ordnung, sich der Polizei gegenüber ablehnend zu verhalten und dies laut zu äußern. Dies müsse mit der vollen Härte des Staates bestraft werden. Da waren Fragen der Sachaufklärung und der Wahrheitsfindung offensichtlich nicht mehr sehr wichtig.

Die Beweisaufnahme wies riesige Lücken auf, die Identifizierungsmethode war im besten Fall lückenhaft, insbesondere die dubios zusammengestellten Wahllichtbildvorlagen zeugten von dem Wunsch, den Verdacht manipulierend auf die Angeklagten zu lenken. Die Verteidigung beklagte, dass potentiell entlastende Zeug_innenaussagen in der Akte fehlen würden. Noch deutlicher: Ein entlastender Zeuge erklärte vor Gericht, dass einer der beiden Angeklagten an diesem Tag nicht einmal anwesend gewesen war. Diese Aussage wurde von Staatsanwaltschaft und Richter als weniger wert eingeschätzt, als die Aussage einer Polizeipraktikantin. Diese konnte sich recht detailliert an das Aussehen eines an dem Vorfall beteiligten erinnern. Obwohl diese Beschreibung eigentlich so gut wie überhaupt nicht mit dem Aussehen des Angeklagten übereinstimmt, wurde er dennoch verurteilt. Diese Zeugin war auch die einzige, die den schließlich zur höheren Strafe Verurteilten gesehen haben will. Bezüglich des anderen Angeklagten sagten die polizeilichen Zeug_innen – in teils identischen Formulierungen – übereinstimmend aus, er hätte gewusst, wie weit er gehen kann und er hätte die Beamt_innen lediglich angeschrien. Das Anschreien von Polizeibeamt_innen möchte das Amtsgericht Nürnberg aber mittlerweile mit Haftstrafen ohne Bewährung ahnden.

Der Prozess wurde von Seiten der Staatsanwaltschaft mit Hilfe der Staatsschutzpolizei äußerst politisch geführt. Dies machte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer selbst noch einmal deutlich.
Der Verfolgungs- und Verurteilungswille war enorm. Die Verurteilung der beiden Angeklagten und die Strafmaße stellen ein Skandalurteil jenseits von Gut und Böse dar. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.
Bei einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude begleiteten 30 Teilnehmer_Innen den Prozess solidarisch. Für den Abend wurde zu einer Spontandemo im Stadtteil Gostenhof aufgerufen.

Eine ausführliche Berichterstattung folgt.

Auf der Suche (Anarchistische Gruppe Nürnberg)
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